Sanitätsrat Otto Pittinger

von Fritz Jörgl (veröffentlicht 2001)

Vor 75 Jahren verstarb der in Wörth geborene Sanitätsrat Dr. Otto Pittinger.

Anlässlich des Todes von Sanitätsrat Dr. Otto Pittinger veröffentlichte die Monatsschrift "Die Oberpfalz" in ihrer Ausgabe vom November/Dezember 1926 einen Nachruf und bezog sich dabei auch auf einen Artikel in der Tageszeitung "Bayerische Umschau" vom 13. August 1926. Zum 75. Todestag soll noch einmal an das Leben und Wirken dieses bedeutenden Oberpfälzers erinnert werden.

Sanitätsrat Dr. Otto Pittinger, Sohn einer angesehenen und alt eingesessenen Wörther Brauerfamilie, war zu Lebzeiten eine große Persönlichkeit des 19. Jahrhunderts, ein verdienstvoller Mann des Volkes. Er hat sowohl als niedergelassener Arzt in Regensburg, wie auch als Politiker und Soldat, in schwerer Zeit Hervorragendes für den bayerischen und oberpfälzer Raum geschaffen, sich dabei mit seiner ganzen Person für die Belange der Sozialfürsorge eingesetzt.

Einige seiner Vorfahren aus der Pittinger - Dynastie standen im öffentlichen Leben als Landgerichtsprokurator, Marktschreiber, Bürgermeister, Pfarrer und Posthalter. Keiner von ihnen engagierte sich jedoch so für das öffentliche Wohl der Bürger als Dr. Otto Pittinger.

"Otto Pittinger war am 12. Februar 1878 in dem Donaustädtchen Wörth als Sohn eines Brauereibesitzers geboren. Seine Studien vollendete er in München, wo er auch Mitglied des Münchner Korbs Ratisbonia war. Als praktischer Arzt lies er sich in Regensburg nieder, zugleich wirkte er als Bahnarzt. Bald begann er sich auf dem Gebiete der Säuglingsfürsorge hervorragend zu betätigen. Er war einer der ersten, die sich an Bestrebungen der Säuglingsfürsorge im Deutschen Reich beteiligten. Bereits im Jahre 1906 gründete er die erste Mütterberatungsstelle in Regensburg.

Im folgenden Jahre rief er den Verein zur Bekämpfung der Kindersterblichkeit ins Leben, dessen Vorsitz er übernahm und der sich unter seiner regen Leitung so günstig entwickelte, daß sich diese ursprünglich nur örtliche Einrichtung drei Jahre später als Kreisverband über die ganze Oberpfalz ausdehnte. Der erste Kreisverband der Zentrale für Säuglingsfürsorge war von ihm geschaffen.

Im Jahre 1910 gründete er das Säuglingsheim und die Milchküche in Regensburg und baute diese Anstalt zu einer mustergültigen Einrichtung aus - Das erste städtische Säuglingsheim Bayerns.

Während des Krieges stand Dr. Pittinger vom Tage des Aufmarsches an als Stabsarzt bei der 6. Reservedivision. Von dieser Division wurde er beim Beginn des Stellungskrieges mit der Schaffung und Einrichtung der verschiedenen Wohlfahrtsanstalten betraut. In der Einrichtung gesundheitlich allen Anforderungen entsprechender Quartiere und Kasernen für die Reserven, in der Schaffung eines Offiziers- und Erholungsheimes, einer groß angelegten Reinigungs- und Desinfektionsanstalt, in der Einrichtung von Badeanstalten und Mineralwasserfabriken, kurz in allen dem Wohle der Gesundheit der Truppe dienenden Einrichtungen hat er geradezu Bahnbrechendes und Mustergültiges geleistet.

An der Front hat er besonders beim Einsatz der 6. Reservedivision unermüdlich Tag und Nacht die Verwundeten behandelt und mit der ihm als Arzt eigenen Gabe der seelischen Beeinflussung ihr Los erleichtert. In jenen Kampfwochen bewährte sich der Arzt als Soldat und das Eiserne Kreuz 1. Klasse hat kaum einer redlicher verdient als er.

Zu Ende des Jahres 1917 wurde er vom bayerischen Kriegsministerium mit der Einrichtung der Kriegssiedlung Unterhaching betraut. Es handelte sich dabei um einen für die Ausbildung von Kriegsbeschädigten bestimmten Musterbetrieb, dessen Anlage im Interesse der Kriegbeschädigtenfürsorge ebenso wichtig wie dringend war. Auch dieser Aufgabe hat er sich nicht nur freudig unterzogen, sondern sie zum Gemeinwohle vorbildlich durchgeführt.

Nach dem Kriege 1918 kehrte er wieder nach Regensburg zurück, wo er in der vorderster Reihe der Gegner der Revolution sich stellte und zunächst an der Schaffung der bayerischen Einwohnerwehr in der Oberpfalz mitwirkte und deren Leitung in unseren Kreise übernahm.

Nach ihrer Auflösung schuf er die sogenannte "Organisation Pittinger" die im Sommer 1922 zum "Bund Bayern und Reich" wurde, der Wiederaufbau unseres Vaterlandes über die Monarchie mit Bismarckischer Reichsgestaltung anstrebt und zugleich die deutsche Jugend körperlich ertüchtigen will. Durch die rastlose Verfolgung dieses Zieles hatte er eine schwere Bürde übernommen, der der schaffensfrohe Mann in der Blüte seiner Jahre erlag." (Soweit die "Bayerische Umschau" 1926)

Der couragierte Patriot Dr. Otto Pittinger trat den Anfängen der " Braunen Gewalt " offen und furchtlos entgegen. Er stand an der Seite des bayerischen Staatsmannes und Ministerpräsidenten Gustav Ritter von Kahr, der den Führer der NSDAP, Adolf Hitler beim Novemberputsch 1923 verhaften ließ.

Dr. Otto Pittinger und seine großherzige Taten sind in Regensburg und Wörth nur noch wenig bekannt. Die Bürger von Unterhaching, im Großraum München, haben den verdienstvollen Mann und ihren Siedlungsgründer nicht vergessen. Inmitten des Ortskerns benannten sie einen Platz nach ihm und unweit davon trägt eine Straße seinen Namen.

Anfang August 1926 verstarb Dr. Otto Pittinger auf der Rückreise von der Adria und fand seine letzte Ruhestätte im Münchner Waldfriedhof. Er wurde nur 48 Jahre alt.

Anmerkung: Münchner Waldfriedhof alter Teil, 4 - teiliges Grab.Verw. 118 / W - 20 - ABC - C