Zapfenstreich und Weckruf an Fronleichnam in Wörth

Musikfreunde erhalten die Tradition

von Fritz Jörgl

"Des war`n no Zeit`n als mir no barfuß nach der Blechmusi` nache gloffa san." Dieser bekannte Satz gilt tatsächlich noch, wenn man sich zurück erinnert, dass die heute aktiven älteren der Musikfreunde damals am Vorabend des Fronleichnamfestes ihren Vätern beim "Zapfenstreich" durch Wörth nachliefen. Neben den Junioren nahmen auch die Senioren der Stadt regen Anteil als Zuschauer und Zuhörer zur Blöchlbergsiedlung, an der Johannesbrücke, bei der Hofapotheke und am Straßenrand, wenn die "Stadtkapelle" - Musikfreunde den traditionellen Zapfenstreich durch die Stadt Wörth spielte. Er gehört zum großen Festtag wie der Gottesdienst in der Kirche und wie die Bratwürste nach der feierlichen Prozession. Seit den letzten Jahren ist die Begeisterung an dem alten Brauch nicht mehr so groß, so dass man sich bei einer kurzen Marschpause eine Ausweichstelle im Gasthof "Rosenhof" schuf und dort die anwesenden Wörther Bürger, Urlauber und Gäste im Ortsteil Sand mit Blasmusik erfreut.

Das Wort "Zapfenstreich" geht wohl zurück auf die mittelalterlichen Heerlager, wo zu bestimmten Abendstunden auf ein Zeichen der Heerführer die Marketender den Spund ("Zapfen") ins Fass schlagen ("streichen") mussten. Später wurde aus dem Begriff Zapfenstreich das Abendsignal, nach dem die Soldaten ihr Quartier ohne Erlaubnis nicht mehr verlassen dürften. Der Große Zapfenstreich wurde dann von den Musikkorps und Spielleuten der Standorte oder vereinigter Truppen bei besonderen feierlichen Gelegenheiten gespielt. Heute wird der Großen Zapfenstreich der Bundeswehr nur bei besonderen Anlässen und nach dem vorgeschriebenen Ablauf von W. Wieprecht gespielt: 1. Locken zum Großen Zapfenstreich, 2. Großer Zapfenstreich, 3. Harm. Zapfenstreich, 4. Zeichen zum Gebet, 5. Gebet (Ich bete an die Macht der Liebe) 6. Abschlagen nach dem Gebet, 7. Ruf nach dem Gebet und 8. Deutschland Hymne.

Der Veteranen und Kriegerverein war Gründer des Zapfenstreiches in Wörth. Heimkehrende Krieger aus den Feldzügen 1866 und 1870/71 haben 1872 den Veteranen und Kriegerverein in Wörth gegründet. Am 10. August 1895 wurde die 25-jährige Gedenkfeier an den ruhmreichen Feldzug 1870/71 unter reger Anteilnahme der ganzen Bevölkerung gefeiert. Am Vorabend des Festes bewegte sich nach dem "Zapfenstreich" ein langer Fackelzug durch die Straßen von Wörth. Am 14. März 1920 wurde ein großes Fest zu Ehren der Kriegsgefangenenheimkehrer gefeiert. Das Fest wurde schon am Vorabend durch Böllerschüsse und "Zapfenstreich" eingeleitet.

Zur geselligen Pflege der Kameradschaft und des Vereinslebens wurde vom Kriegerverein Wörth alljährlich am Nachmittag des Fronleichnamfestes ein Gartenfest mit Konzert abgehalten. Doch am Vorabend wurde dann traditionell der " Zapfenstreich " und am Festtag der Weckruf gespielt.

"Seit ich weiß, war immer schon am Fronleichnam - Vorabend Zapfenstreich und am Festtag - morgens Weckruf", berichtet der Musikfreund Albert Rothfischer auf Anfrage des Verfassers: "Seit ich weiß, war immer schon am Vorabend des Festes durch die Musikkapelle Zapfenstreich und am Morgen dann Weckruf. Dadurch entstand vielfach die Auffassung, dass dies auf Grund des Festtages mit der Prozession geschah. Der Anlass war vielmehr, dass der Kriegerverein am Nachmittag des Festtages ein Gartenfest mit Konzert feierte. Und zwar im Wechsel einmal im Sommerkeller der Brauerei Zierer, später Bach, und das nächste Jahr im Biergarten des Gasthauses "Zur Rutsch'n".

Dazu wurde um 14 Uhr vom Vereinslokal Kilger, später Schifferl zum jeweiligen Lokal, wie oben erwähnt, mit der Musikkapelle voraus marschiert. So ist mir der Zusammenhang bekannt und in Erinnerung. Näheres sollte man wohl, der Genauigkeit halber, in der Chronik des Vereins feststellen."

Und genau diese Tradition, die es seit über hundert Jahren in Wörth gibt, haben die Musikfreunde nach ihrer Gründung 1955 übernommen. Der Gründer Karl Völkl und die damaligen Verantwortlichen hatten diese Tradition wieder aufgenommen. In der von Josef Beil über zwölf Jahre geführten Vereinschronik lesen wir: "Erster Höhepunkt in der Vereinsgeschichte war das Fronleichnamsfest 1956. Schon am Vortage erfreute der Zapfenstreich der Stadtkapelle die Bewohner Wörths".

Seither wird am Mittwoch vor Fronleichnam abends um 19 Uhr der Zapfenstreich gespielt und bis 1980 der Weckruf, der vom Herrnberg aus mit Böllerschüssen begleitet wurde. Schon bei der Abschaffung des Wegrufes ging ein Stück Tradition in Wörth verloren. Dieser Weckruf wurde abgeschafft weil die Bevölkerung wenig Kenntnis mahn, und durch Kritik wurde laut, dass dieser eher als Ruhestörung empfunden wurde.

Die Musikfreunde würden sich freuen, wenn die Bevölkerung und besonders die Neubürger von Wörth wieder als Zuschauer und Zuhörer dieser traditionellen Einrichtung, die wohl einmalig in der Umgebung ist, an den genannten Plätzen dabei sein würden. Der Musikverein will den alten Brauch wenn möglich noch lange erhalten und erblickten in dem Bekenntnis zur Tracht und zur Tradition des Zapfenstreiches seit 1956 einen Treuebeweis gegenüber unseren Vorfahren und unserer Heimat. In ihnen waren und sind Menschen am Werke, die den Mut haben, gegen alle Umwelteinflüsse die alte "Oberpfälzer Tracht " mit Stolz zu tragen - Männer und Frauen, Burschen und Mädchen, die an den geschmückten Häusern, an den bunten Fahnen und in den alten Volksmärschen nicht nur irgend ein Vergnügen finden, sondern dahinter einen heiligen Ernst wissen, nämlich die Aufgabe, " Sitt` und Tracht der Alten zu erhalten " nach dem Motto der Musikfreunde: " Gott zur Ehr, der Heimat zum Ansehen, dem Nächsten und uns zur Freude".