25 Jahre Stadt Wörth

von Ludwig Schindler (1979)

Wörth an der Donau feiert in diesem Jahr neben seinem 1200 jährigen Bestehen auch die 25. Wiederkehr der Erhebung des Marktes Wörth zur Stadt. Der tatsächliche Geburtstag der Stadt ist der 5. Mai 1954. An diesem Tag wurde nämlich die Stadterhebungsurkunde ausgefertigt. Die eigentlichen Feierlichkeiten zur Stadterhebung waren für den 10. und 11. Juli 1954 geplant. Aber tagelanger Dauerregen - die Folge war die größte Hochwasserkatastrophe unseres Jahrhunderts - ließ die Festlichkeiten in des Wortes wahrster Bedeutung ins Wasser fallen.

Am Samstag, dem 31. Juli 1954, wurden dann die Feierlichkeiten mit einem Fackelzug der Wörther Vereine, Betriebe und Behörden eingeleitet. Am Sonntag, dem 1. August 1954, war nach dem feierlichen Gottesdienst in der Peterskirche bei herrlichem Wetter im Schloßhof der Festakt, wo u.a. der damalige Innenminister Dr. Wilhelm Hoegner sprach und die Stadterhebungsurkunde an Bürgermeister Hans Baumann überreichte. Am Nachmittag fand dann eine Vorstellung der Wörther Schloßfestspiele statt. Zur Aufführung gelangte "Dollinger und Krako". Anschließend war im Sommerkeller der Brauerei Bach ein Festkonzert. Die Stadterhebungsfeierlichkeiten klangen aus mit einem imposanten Feuerwerk vom Herrnberg.

Eine Einreihung Wörths in die Städte Bayerns erfolgte auf Grund der bedeutenden geschichtlichen Vergangenheit des Ortes und weil Wörth seit altersher eine städtische Verfassung (Magistrat) hatte. Die Stadterhebung war aber auch getragen von der Absicht, den Ort als wirtschaftlichen Mittelpunkt zwischen Regensburg und Straubing zu erhalten und auszubauen.

Dem Bemühen der jungen Stadt um wirtschaftliche Stärkung war aber zunächst kein Erfolg beschieden. Die Nähe des Ballungsraumes Regensburg und die Tatsache, daß Wörth außerhalb des staatlich stark geförderten Grenzgebietes liegt, machten die Ansiedlung von Betrieben unmöglich. Die sehr frühzeitige Bewerbung als Bundeswehrstandort wurde ebenso verworfen, wie die hartnäckigen Bemühungen um eine landkreiseigene Realschule. Statt eines Zugewinns mußte Wörth in den zurückliegenden 25 Jahren die Fortführung der Demontage von Behörden und Einrichtungen hinnehmen. Der Ort verlor die Flußmeisterstelle, die Arbeitsamtsnebenstelle (1954), das Amtsgericht (1959), die Bahnverbindung nach Regensburg (1968), die Teilhauptschule I (1969), die AOK- Zahl- und Meldestelle (1970), die landwirtschaftliche Berufsschule (1970) und die Bundesbahnschule (1976).

Große Erwartungen hatte Wörth in die Gebietsreform der letzten neun Jahre gesetzt. Aber die Landkreisneuordnung von 1972 brachte eine entscheidende Schlechterstellung des Ortes. Das Hinterland wurde Wörth genommen und der Einzugsbereich für alle Einrichtungen beschnitten. Die Gemeindegebietsreform hingegen stärkte das Städtchen einwohner- und flächenmäßig. Die Gründung der Verwaltungsgemeinschaft Wörth mit den Großgemeinden Pfatter, Wiesent und Brennberg weckte die Hoffnung von einem Bedeutungsgewinn. Es ist hier etwas verfrüht, über das Schicksal der VG Schlüssiges zu sagen, aber es deutet sich schon ein Jahr nach der Bildung die Auflösung an.

Gar so trostlos, wie es nach dieser Negativbilanz den Anschein hat, ist aber die Situation Wörths nicht. Der Ort hat nämlich in den vergangenen 25 Jahren mit großen Anstrengungen und ungeheuren Belastungen vieles geschaffen, worauf die Verantwortlichen und die Bürger der Stadt mit Recht stolz sein können. So wurden immer wieder Baugebiete erschlossen, Gemeindewege ausgebaut, Bürgersteige angelegt, die Straßenbeleuchtung modernisiert und erweitert, der Osterbach verrohrt, der Friedhof vergrößert, ein neuzeitliches Feuerwehrgerätehaus erstellt, es entstand im Gschwelltal ein Zentralschulhaus, ein bedeutendes Sportzentrum mit Wald- und Hallenbad, Allwetter-, Bolz- und Sportplatz. Es wurde ein Großteil von Wörth kanalisiert, die Trinkwasserversorgung gesichert und Betrieben im Reitfeld die Ansiedlung erleichert. Als Stärkung des Ortes muß auch der Krankenhausneubau durch den Land kreis in den Jahren 1973/74 vermerkt werden. Erfolg war auch dem jahrzehntelangen Bemühen um eine Donaubrücke zwischen Wörth und Pfatter beschieden, wenngleich der gewählte Standort für eine Annäherung der beiden Orte nicht der günstigste ist.

Daß Wörth auch im vergangenen Vierteljahrhundert ein wirtschaftlicher Mittelpunkt blieb und als Einkaufsortfür ein weites Umland anziehend ist, verdankt es nicht zuletzt -und dies muß einmal ganz deutlich herausgestellt werden -der Tatkraft, Initiative und der Unternehmungslust der einheimischen Geschäftsleute. In dieser Rückschau dürfen die Männer nicht fehlen, die die Stadterhebung Wörths im Jahre 1954 beantragten. Es waren dies der erste Bürgermeister Hans Baumann, sein Stellvertreter Josef Weichser und die Marktgemeinderäte Kargus Hans, Brunner Hans, Groß Josef, Jagenlauf Ludwig, Rösch Jakob, Baumann Alois und Radtke Hans.

Die Idee freilich, Wörth zur Stadt zu erheben, war allerdings nicht ganz neu. Schon im Jahre 1899 - es sind heuer 80 Jahre -ersuchte der hiesige Magistrat die zuständigen Behörden "um Einreihung des Marktes Woerth in die Klasse der Städte". Das Ansuchen wurde abgelehnt, genauso wie "die Anstrebung eines Bezirksamtes Woerth" im Jahre 1902. Dabei war die Bittstellung des Magistrats von 1899 nichts Unbilliges, denn Schuegrafs Chronik des Marktes Woerth (1835) weiß zu berichten, daß der Ort bereits im Jahr 1300 als das "Städl am Wald" bezeichnet wurde, weil es zu jener Zeit in Anlage, Aussehen und Bedeutung städtischen Charakter besaß. Wörth, schon vor 650 Jahren als Städl bezeichnet, vor 80 Jahren die Stadterhebung ohne Erfolg beantragt, wurde heute vor 25 Jahren amtlicherseits zur Stadt erhoben.