Die Pfarrkirche St. Peter
von Johannes Frischholz (Erstveröffentlichung in Wörth - Stadt zwischen Strom und Berg, 1979)
Die Geschichte der Pfarrei Wörth a. d. Donau ist von den Anfängen an über viele Jahrhunderte hinweg engstens verbunden mit der Bischofsstadt Regensburg, näherhin mit den dortigen Bischöfen und dem Domkapitel. Das hatte seine Auswirkungen auch für das kirchliche und religiöse Leben. Nach alten Überlieferungen gründeten in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts Mönche des berühmten Klosters St. Emmeram in Regensburg, dessen Abt zu jener Zeit der Bischof von Regensburg war, in Wörth ein Kloster. Die Kirche wurde dem hl. Petrus geweiht. Dieses Kloster wurde zerstört und nicht mehr errichtet. Der Schutzpatron der Kirche in Wörth bleibt aber weiterhin der Apostelfürst Petrus, dem auch der Hohe Dom zu Regensburg geweiht ist.
Die heutige Pfarrkirche ist darum nicht das erste Gotteshaus des Ortes. Sie darf aber schon über viele Jahrhunderte unter dem Schutz und der Fürsprache des Apostels Petrus Ort der Glaubensverkündigung und des Glaubenszeugnisses der Bewohner von Wörth sein.
Vor 750 Jahren wurde die Kirche St. Peter in Wörth Bestandteil des Domkapitels in Regensburg. Papst Gregor IX bestätigte 1234 die Inkorporation.
Über die Baugeschichte der Kirche ist wenig überliefert. Sie ist eine dreischiffige basilikale Anlage mit einem flachgedeckten Hauptschiff. Der Hochchor ist gewölbt, die beiden Seitenschiffe haben ein unterschiedliches Rippensterngewölbe.
Wenn man die Kirche durch das gotische Westportal betritt, fällt einem sofort auf, daß die Achse des Hochchores gegenüber dem Hauptschiff nach Süden hin verschoben ist. Auch die beiden Pfeilerreihen sind unterschiedlich ausgefuhrt. Die Pfeiler der nördlichen Reihe (links) sind rechteckig, die der südlichen Reihe (rechts) sind rund. Die Bögen zwischen den einzelnen Pfeilern haben nicht die gleiche Weite. Außerdem ist das nördliche Seitenschiff breiter als das südliche.
Diese Eigenheiten lassen darauf schließen, daß die einzelnen Bauteile verschiedenen Zeiten angehören. So geht die heutige Anlage auf die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts zurück. Wahrscheinlich besaß die Kirche neben dem Hauptschiff nur ein Seitenschiff an der Südseite. Das nördliche Seitenschiff ist wohl erst im 14. Jahrhundert angefügt worden. Das Langhaus war flachgedeckt.
Das eigentliche Hauptportal mit gotischen Spitzbögen, durch einen Mittelpfosten zwei- geteilt, befindet sich im Turm an der Nordseite. Im Tympanon des Portals ist eine bemalte Steinfigur des hl. Petrus angebracht. In der Konsole trägt sie die Jahreszahl 1464. Die beiden Wappen beziehen sich auf zwei Kanoniker des Regensburger Domkapitels (Johann Goldner und Franz Schlick). Die Jahreszahl dürfte die Entstehungszeit des Turmes angeben. Das Erdgeschoß des gotischen Turmes bildet zugleich die Vor halle zum Portal. Der Turm selbst erhebt sich in vier Geschossen. Drei Geschosse mit Spitzbogenblenden entstammen der Gotik. In der Barockzeit (1710) wurde der Turm um das vierte Geschoß mit abgerundeten Ecken und Pilastern erhöht und mit einer Zwiebelkuppel versehen. Diese fiel 1841 dem Großbrand zum Opfer. Danach wurde der Turm mit einem 16 rn hohen Spitzhelm ausgestattet; auf der Turmspitze steht ein 3 rn hohes Eisenkreuz. Das Kupferdach und das Kreuz, ebenfalls aus Kupfer, wurden 1978 neu erstellt.
Der heutige Chor der Kirche dürfte um 1600 an Stelle eines kleineren und älteren Chorraumes entstanden sein. In dieser Zeit fällt auch der Anbau der Sakristei und das sehenswerte Sakristeiportal.
Während der Barockzeit erfährt, wie in vielen anderen Kirchen auch, das Innere der Kirche eine Veränderung. 1710 werden die Decken mit Stuck verziert Der Künstler der Gemälde im Chorraum ist Joseph Anton März. Das zentrale Bild stellt die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel dar, die übrigen Bilder zeigen Szenen aus dem Marienleben (Mariä Geburt, Verkündigung an Maria, Mariä Tempelgang, Unbefleckte Empfängnis). Die Decke des Hauptschiffes wurde von Valentin Reuschl1717 geschaf- fen. Die drei großen Bilder von vorne nach hinten: Befreiung des Petrus aus dem Ge- fängnis durch den Engel, Verheißung der Schlüsselgewalt an Petrus durch Jesus, die Kreuzigung des Petrus. In den seitlichen Medaillons sind Begebenheiten aus dem Le- ben des hl. Petrus dargestellt, wie sie uns die Evangelien und die Apostelgeschichte überliefern. Aus der Zeit des Barock sind noch die schönen Wangen an den Kirchen- bänkeh, zwei Chorstühle und das Antipendium des Volksaltars (1730) mit reichhaltigen Akanthusblattschnitzereien erhalten.
Im 19. Jahrhundert wurde das Innere wiederum verändert, und zwar im Sinne der Neugotik. Dabei wurden die barocken Deckengemälde übermalt. Erst bei der Renovierung 1966 konnten diese Bilder wieder freigelegt werden. 1868 wurde der jetzige Hochaltar und wahrscheinlich auch die Kanzel aufgestellt. Über dem Tabernakel wurde erst in unserer Zeit ein barockes Metallkreuz befestigt. Im Mittelteil des Hochaltars halten links und rechts je zwei Engel Spruchbänder mit Texten aus dem "Lauda Sion". Die Heiligen dazwischen dürften große Verehrer der heiligen Eucharistie sein (vielleicht Thomas von Aquin und Bernhard von Oairvaux). Das Relief des linken Altarflügels stellt die Begegnung Jesu mit den beiden Jüngern in Ernmaus dar, das des linken Hügels das Opfer des Melchisedek und Abraham. Die Rückseiten sind ebenfalls bemalt, links: Jesus am Ölberg, rechts: Verkündigung an Maria. Die Figuren der obersten Reihe im Hochaltar sind in der Mitte Jesus, zu beiden Seiten je zwei Evangelisten.
Am Chorbogen wurden nach der letzten Innenrenovierung die beiden frühbarocken Figuren des bI. Petrus (links) und des hl. Paulus (rechts) angebracht.
Aus der Barockzeit sind noch vorhanden beim Westportal ein Weihwasserbecken und im linken Seitenschiff ein Taufstein, beide in Form einer Muschelschale aus rotem Marmor.
Das Muttergottesbild am linken Seitenaltar wurde ebenfans erst bei der letzten Renovierung hier in der Kirche angebracht. Die Entstehungszeit ist unbekannt. Abgebildet ist Maria mit dem Jesuskind und dem Rosenkranz. Das Bild trägt oben die Inschrift: "Heilige Mafia zu Dorrfen Bitt Gott für uns." Demnach dürfte dieses Bild auch eine Wanderschaft durchgemacht haben, bis es jetzt in der Pfarrkirche in Wörth eine endgültige Heimat gefunden hat und sich einer großen Verehrung durch die Gläubigen erfreut.
Im Inneren der Kirche und auch an der Außenwand sind eine Reihe wertvoller und interessanter Grabsteine und Gedenkplatten angebracht. 1978 wurde ein sehr schön erhaltener gotischer Grabstein von der Außenwand des Turmes in das Innere der Kirche (linke Chorseite) verlegt. Zum Eigentum der Pfarrkirche zählen eine Monstranz, angefertigt um 1715, und barocke Kelche aus den Jahren 1710 und 1730.
Die lange Geschichte des Baues, der Veränderungen und Renovierungen unserer Pfarr kirche St. Peter ist zugleich eine Glaubensgeschichte der Bevölkerung. Sie fiihlt sich in der Pfarrkirche heimisch und weiB sich ihrer Würde verpflichtet. Deshalb ist sie immer wieder zu Opfern für die Erhaltung dieses ehrwürdigen Gotteshauses bereit. un mittelbar nach dem zweiten Weltkrieg mußten unter schwierigsten Bedingungen vier Glocken neuangeschafft werden. In den Jahren 1965-1967 wurde die Kirche außen und innen renoviert; 1977 mußte der hölzerne Glockenstuhl durch eine Stahlkonstruktion ersetzt werden; 1978 war wiederum eine kostspielige Außenrenovierung vor allem des Turmes notwendig. Aber die Liebe zur Pfarrkirche und der lebendige Glauben der Pfarrangehörigen werden der Petruskirche in Wdrth a. d. Donau immer wieder neuen Glanz verleihen.
Angeregt durch das standhafte Glaubenszeugnis des Schutzpatrons, des hl. Petrus, und auf seine Fürsprache hin mögen die Gläubigen des Ortes und der ganzen Pfarrei zu einer lebendigen, christusbegeisterten Gemeinschaft zusammenwachsen.
QUELLEN: Kunstdenkmäler d. Königreichs Bayern, 2. Bd. Matrikel der Diözese Regensburg 1916 Bayer. Vorwald-Raum Wörth a. d. Donau, 1969. Herausgeg. von d. Fremdenverkehrsgemeinschaft Bayer. Vorwald Chronik der Pfarrei Wörth/Do.
Der Autor Johannes Frischholz war von 1975 bis 2000 Pfarrer in Wörth.