Von der Kinderbewahranstalt zum Kindergarten
von Ludwig Schindler
Wohl heißt die soziale Einrichtung für vorschulpflichtige Mädchen und Buben heutzutage Kindergarten; gegründet aber wurde sie als "Kinderbewahranstalt". Dabei darf man sich nicht am Namen stoßen. Der ist wohl nur aus der Zeit um die Jahrhundertwende verständlich. Da gab es in Wörth erstmals ein Haus mit einer großen Spielstube, einen schönen Garten mit Sandkasten und eine Halle, in der man auch bei Regenwetter spielen konnte. Und zwei Ordensfrauen waren da, die die Kleinen beaufsichtigten, betreuten und förderten. Sie waren so in guter Obhut, wurden also für ein paar Stunden "bewahrt", die Eltern waren dadurch entlastet und konnten so ihren häuslichen und beruflichen Pflichten nachkommen.
Den Plan, eine "Kleinkinderbewahranstalt" zu errichten, hatte in Wärth erstmals der Ortsgeistliche Franz Seraph Eberl. Er übernahm 1855 die Pfarrei.
Ein Jahr vor seinem Tode richtete der Geistliche an das Bezirksamt Regensburg die Bitte, die Errichtung einer Kinderbewahranstalt wohlwollend zu genehmigen. Pfarrer Eberl erklärte sich bereit, die Ausstattung und den Unterhalt der Anstalt mit eigenen Schenkungen zu finanzieren. Das Bezirksamt verlangte daher vor Erteilung der Erlaubnis vom Wörther Geistlichen einen Nachweis seiner Einnahmen, die hauptsächlich aus sogenannten Stolgebühren ( = Pfarramtsgebühren) stammten. Diese wurden für Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen erhoben. Die Anstalt sollte nach Eberls Plan im auch von ihm initiierten Distriktkrankenhaus untergebracht werden. So entnehmen wir einem Schreiben des Pfarrherrn an das Mutterhaus der Armen Franziskanerinnen in Pirmasens: "Krankenhaus und Kinderbewahranstalt befinden sich zwar in einem Hause, aber durchaus getrennt, so dass das Krankenhaus im Stocke zu ebener Erde, die Kinderbewahranstalt und die Wohnung der Schwestern mit ganz gesondertem Eingange im 2ten und 3ten Stocke untergebracht wird."
Als für beide Einrichtungen geeignetes Gebäude" wurde zu diesem Zweck das nach dem Brande von 1845 wieder erbaute Wohnhaus des Schreiners Ertlam Petersplatz erworben" (heute Mietshaus von L. Wolf). Dass Wörth aber nicht schon 1859 eine Kinderbewahranstalt erhalten hat, hängt wohl mit dem frühen Tod von Pfarrer Eberl zusammen. Er starb am 8. Dezember 1859 im Alter von 53 Jahren, nachdem er nur vier Jahre überaus segensreich in Wörth wirken durfte.
Die Kinderbewahranstalt im Leoheim
50 Jahre vergingen schließlich noch, bis am Ort die Kinderbewahranstalt ihre Pforten öffnen konnte. Es war wieder ein Pfarrherr, der hier aktiv geworden ist und hauptsächlich mit seinem Vermögen die Anstalt gründete und finanzierte. Der neue Kindergarten im Schusshüttengelände heißt "Pfarrer-Freimuth-Kindergarten". Und der Name weist hin auf den Initiator der Gründung: Georg Freimuth war in Wörth Pfarrherr von 1902 bis 1926. Schon im Jahre seines Dienstantritts begannen seine Bemühungen, eine Einrichtung für kleine Buben und Mädchen ins Leben zu rufen.
Wie fortschrittlich und kühn dieser Gedanke war, kann man daraus ersehen, dass es dazumal selbst in größeren Orten keine vergleichbaren Erziehungsstätten gegeben hat.
Sieben Jahre bemühte sich Pfarrer Freimuth bis er die Erlaubnis zur Führung einer Kinderbewahranstalt erhielt. Das Bezirksamt Regensburg erteilte am 15. Februar 1909 seine Zustimmung und am 12. Juni des gleichen Jahres traf in Wörth die Genehmigung des Königreiches Bayern ein: "Seine königliche Hoheit, Prinz Luitpold, des Königreichs Bayern Verweser, haben sich allergnädigst bewogen gefunden zur Entstehung der von dem katholischen Pfarrer und k. Distriktsschulinspektor Georg Freimuth in Wörth a. D. mit einem Kapital von 20.000 Mark errichteten, nach näherer Anordnung der Stiftungsurkunde zur Begründung und Unterhaltung einer Kinderbewahranstalt mit Handarbeitsschule in Wörth bestimmten "Pfarrer-Freimuths-Wohlfahrts- und Unterrichtsstiftung" in Wörth a. D. die Genehmigung zu erteilen."
"Als Anstaltsgebäude wurde erworben das Haus Nr. 140, dem fürstlichen Wiesenbaumeister Xaver DengIer gehörig, früher Hohenwarter, um den Kaufpreis von 15.000 Mark." Am 19. Oktober 1909 waren Einweihung und Eröffnung der Anstalt. In der Einrichtung wirkten damals drei Nonnen aus dem Orden der "Armen Schulschwestern".
Die politische Gemeinde hat die Größe und Bedeutung des Werkes von Pfarrer Freimuth schon im Jahre der Gründung 1909 mit der Verleihung der Ehrenbürgerschaft gewürdigt. Die Marktgemeinde ist dem Priester auch vom Anfang seiner Bemühungen um eine Anstalt für vorschulpflichtige Kinder stets hilfreich zur Seite gestanden.
Seit 1982 hat das Leoheim als Kindergarten ausgedient. Fortbestand hat aber die "Pfarrer-Freimuth-Stiftung" und der Name des hochherzigen Gründers lebt auch weiter im Namen des neuen Kindergartens im Schusshüttengelände.