Vor 170 Jahren: Friedhof auf dem Hohen Rain eingeweiht
von Ludwig Schindler (1991)
Der Neubau eines Leichenhauses hat wegen der hohen Bausumme den Wörther Friedhof in letzter Zeit in die Schlagzeilen gebracht und ihn vorübergehend in den Blickpunkt des Interesses der Bürger gerückt.
Der heutige Beitrag über den Friedhof, früher war "GOTTESACKER" die gängige Bezeichnung, ist eine heimatgeschichtliche Betrachtung zu seinem 170jährigen Bestehen. Am 2. Dezember 1821 wurde nämlich der Friedhof auf dem Hohen Rain benediziert, das heißt geweiht, und am folgenden Tag wurde die Söldnersgattin Walburge HANL aus Hintergrub, damals noch Gemeinde Rettenbach, als erste im neuen Totenhof bestattet.
Bis zum Jahre 1821 wurden die Toten der Pfarrei Wörth im Friedhof um die Peterskirche beerdigt. Der Kirchhof war aber zu klein geworden, nicht zuletzt, weil während der napoleonischen Kriege im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts in Wörth ein Feldspital eingerichtet worden war, in dem viele Soldaten gestorben sind. Bis zur endgültigen Auflassung des Friedhofs um die Pfarrkirche vergingen freilich noch mehr als fünf Jahrzehnte.
Erst im Jahre 1879 nämlich hatte der Kirchhof ausgedient, wurden die Gräber eingeebnet und der Kirchplatz neu gestaltet. Heute erinnern nur noch Weihwasserbecken und Ölbergszenen an der Nordseite der Kirche und Knochenfreilegungen bei gelegentlichen Grabungen im Umfeld des Gotteshauses an den einstigen Friedhof. Beim Ausbau der Regensburger Straße 1956 wurden noch etwa in der Mitte des heutigen Straßenkörpers Gräber freigelegt und wurden im Abschnitt zwischen dem Anwesen Bach und Dr. Scheuplein Teile der alten Kirchhofmauer sichtbar, die hier von Norden nach Süden verlief.
Auf dem Hohen Rain war schon vor Errichtung des Gottesackers die Wallfahrtskapelle zur Schmerzhaften Muttergottes, die viele Gläubige anzog und deren Gebete immer wieder erhört wurden, wovon viele Votivtafeln zeugen. Diese sind aus Sicherheitsgründen im Pfarrhof aufbewahrt.
Die Hohenrainkapelle findet in den Kunstdenkmälern Bayerns folgende Würdigung: "Malerischer Bau mit Pappelgruppe, Halbrund geschlossen,flachgedeckt. Offene Vorhalle auf mit Halbsäulen belegten Pfeilern, 18. Jahrhundert. Rokokoaltärchen um Mitte des 18. Jahrhunderts."
Der Weg zu dieser im weiten Umland bekannten Gnadenstätte und damit auch zum Friedhof führte, so ist es auf einem Ortsplan von Wörth aus dem Jahre 1838 ersichtlich, über die heutige Hohen-Rain-Straße. Auf diese stieß man entweder vom Sand oder von der Donaustraße. Die Verbindung von der Straubinger Straße, der heutige Friedhofsweg, vorbei an der Sandmühle, wurde erst viel später geschaffen.
Das große schmiedeeiserne Kreuz in der Mitte des Friedhofs wurde 1899 aufgestellt. Umfassend saniert worde die Begräbnisstätte im Jahre 1927. Damals wurde die Fichtenzaunbegrenzung durch eine Mauer ersetzt. Das Leichenhaus erstand in seiner gegenwärtigen Form (Nachtrag: 1995 wurde auch dieses Leichenhaus abgebrochen und eine neues errichtet.). Es wurde anstelle eines kleineren Seelenhauses aus dem Jahre 1859 errichtet. Dies diente zur Aufbahrung von Wasserleichen, für Verstorbene ohne festen Wohnsitz und notwendige Sektionen wurden dort durchgeführt. In der Regel aber wurden die Verstorbenen bis zu ihrer Beerdigung zu Hause aufgebahrt.
Die Friedhofanlage auf dem Hohen Rain war sehr weitsichtig geplant worden. Erst 1970, also rund 150 Jahre nach Errichtung, mußte sie gegen Osten hin erweitert werden.